Basics des Vertikalfischens

Von Fischen

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Die Tage werden kürzer, die Nächte kälter und die Bäume zeigen sich nochmals von ihrer schönsten Seite, bevor sie ihr Blätterwerk komplett fallen lassen. Der Herbst ist nicht nur optisch ein echter Hingucker, sondern auch eine wirklich schöne Zeit um Raubfische zu fangen. Da wo die Räuber eine lange Zeit fast wie vom Erdboden verschluckt waren, erscheinen sie wie aus dem Nichts und beginnen mit dem grossen Fressen. Klar können in dieser Zeit auch "werfend" noch sehr gute Fänge erzielt werden. Besonders die Hechte sprechen so noch gut auf schneller geführte Köder an! Für die hungrigen, aber dennoch schon etwas lethargischen Raubfische, die nicht mehr allzu weit den Ködern nachjagen, bietet sich hier das Vertikalfischen an. In diesem Beitrag will ich Euch die Basics dieser Fischerei ein wenig näher bringen und auf geeignetes Gerät und Köder eingehen. Eines vorneweg: Es gibt fast nicht geileres als eine brachiale Attacke beim Vertikalfischen die ordentlich ins Handgelenk zwickt.

 

Was ist Vertikalfischen?

Das Vertikalfischen ist eine sehr effiziente Methode, um die oben beschriebenen Raubfische gezielt befischen zu können. Dabei wird der Gummiköder vertikal, also direkt unter dem Boot angeboten. Der Köder wird nicht ausgeworfen, sondern lediglich direkt unter der Rutenspitze runtergelassen. Dabei sind wir gleich bei einer wichtigen Grundvoraussetzung des Vertikalfischens. Man benötigt einen fahrbaren Untersatz. Im Optimalfall ist das ein Boot mit Elektromotor (Ein Bellyboot oder Kajak eignen sich auch dazu). Warum ein Elektromotor? Damit kann das Boot ganz gezielt über den heissen Stellen platziert und der Köder permanent in der heissen Zone angeboten werden. Wer keinen Elektromotor besitzt, kann auch mit einem Driftsack arbeiten. Damit lässt sich zwar nicht ganz so gezielt eine Unterwasserstruktur abfischen, aber man bleibt dennoch länger in einer vermeintlich heissen Zone. Damit diese Hotspots gefunden werden können, ist ein Echolot von grossem Vorteil. Je nach Gerät kann man darauf sogar einzelne Fische erkennen. Informationen über die Gewässertiefe, -struktur, Unterwasserhindernisse wie z.B. versunkene Bäume und Futterfischschwärme sollte das Echolot aber anzeigen können. Denn genau an solchen Stellen sind die Raubfische auch nicht weit.

 

Wie funktioniert die Technik des Vertikalfischens?

Die Köderführung ist grundsätzlich keine Hexerei. Man lässt den Köder auf den Gewässergrund, hebt ihn ruckartig an, lässt ihn ein wenig über dem Gewässergrund stehen und senkt ihn danach wieder ganz auf den Boden ab. Gerade in dieser Phase wo der Köder oben stehen bleibt, ist häufig mit einem Biss zu rechnen. Deshalb kann man den Köder auch gut mal mehrere Sekunden lang da stehen lassen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade noch im Frühherbst diese Bewegung nach oben auch ein wenig weiter ausfallen darf, da die Fische zu diesem Zeitpunkt noch aktiver sind. Dabei fährt man mit dem Elektromotor langsam die Hotspots ab. Da man dabei ständig in Bewegung ist und dabei immer Kontakt zum Grund gehalten werden sollte, muss bei abfallender Struktur Schnur nachgegeben werden. Bei steigender Struktur wird die Schnur logischerweise einfach aufgenommen. Dieses Spielchen treibt man so lange, bis es in die Rute knallt.

Geeignetes Gerät

Für mich kommt beim Vertikalen eigentlich nur eine Castingrute in Frage. Das hat den ganz simplen Grund, dass sie sich viel entspannter bedienen lässt. Da wir wegen des unebenen Untergrunds ständig Schnur aufnehmen oder abgeben müssen ist man mit einer Multirolle einfach besser bedient. Bei einer Stationärrolle müssten wir jedesmal den Rollenbügel mit der anderen Hand öffnen und bei der richtigen Tiefe wieder schliessen. Mit einer Multirolle lässt sich über die Daumentaste für den Schnurfreilauf viel schneller und bequemer auf diese Veränderungen des Untergrunds reagieren. Zudem finde ich, dass Castingruten für diese Art Fischerei viel bequemer in der Hand liegen.

Ruten und Rollen : Mittlerweile gibt es viele Vertikalruten auf dem Markt, die schon direkt als solche gekennzeichnet sind. Ruten mit einer Länge von 1,80m bis maximal 2,10m eignen sich und haben in der Regel ein Wurfgewicht von bis zu 40 oder 50 Gramm. Fischt man häufig sehr grosse Köder, darf das Wurfgewicht sogar bis 80g reichen.
⁠Was die Ruten aber alle gemeinsam haben sollten ist ein starkes Rückgrat. Über die sensible Spitze kann der Köder gefühlvoll animiert werden, während der hintere Teil der Rute bretthart sein darf, damit man den Anschlag sauber setzen kann. Gerade bei grösseren Zandern kann dies matchentscheidend sein und darüber entscheiden, ob der Haken sitzt oder der Fisch nach kurzem Drill bereits aussteigt.
⁠Die dazu passende Multirolle muss im Prinzip nicht allzu viel können. Im Optimalfall ist sie leicht gebaut und hat eine etwas höhere Übersetzung. Durch das geringe Gewicht lässt sich lange ermüdungsfrei fischen und mit der hohen Übersetzung lässt sich schnell auf die Begebenheiten unter Wasser reagieren. Über ein ausgeklügeltes Wurfbremsensystem muss die Rolle nicht verfügen, da damit ja nicht geworfen wird. Allerdings ist eine gute Wurfbremse auch nicht verkehrt, denn so lässt sich die Rolle auch für Techniken, bei denen geworfen wird, gut einsetzen.

Schnur: Eine geflochtene Schnur ist Pflicht. Da diese Schnüre sehr dehnungsarm sind, bzw. keine Dehnung aufweisen, kann damit stets ein direkter Kontakt zum Köder und Grund gehalten werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Anschlag ohne Energieverlust direkt ins Maul des Fisches geleitet wird. Bei monofilen Schnüren würde man den Biss wohl auch merken, aber durch die Dehnung würde die Kraft des Anschlags zu fest verpuffen. Wichtig ist auch, dass die Schnur nicht zu dick gewählt wird. Denn je dicker die Schnur, desto mehr Angriffsfläche kriegt das Wasser und so verliert man sonst den direkten Kontakt zum Boden, indem die Schnur während der Fahrt schräg nach hinten abdriftet. Ein Schnurdurchmesser von 0,10mm bis 0,14mm reicht in der Regel völlig aus.

Vorfach: Fische ich auf Zander und Egli, dann benutze ich ein dickes Fluorocarbon Vorfach. 0,35 mm aufwärts. Da das Vorfach sehr häufig an Unterwasserhindernissen scheift, ist ein dickes Fluorocarbon die richtige Wahl. Dieses Material verfügt nämlich über eine hohe Abriebfestigkeit. Ist hingegen häufig oder nur mit Hechten zu rechnen, kommt ganz klar ein Stahlvorfach zum Einsatz. Damit ist man dann ganz sicher gegen die scharfen Hechtzähne geschützt.

Köder

Mit einer Auswahl an Gummiködern lässt sich jederzeit auf die Stimmung der Fische reagieren. Da beim Vertikalfischen weniger oft mehr ist, geben viele Fischer sogenannten "No-Action" Ködern den Vorzug. Die machen weniger Radau als die Gummifische mit klassischem Schaufelschwanz. Aber oft ist es gerade diese dezente Aktion, die den Fisch zum Biss verleitet. Unter den No-Action Ködern gibt es ganz verschiedene Formen. Der absolute Klassiker ist der V-Tail. Also ein Gummiköder mit einem Gabelschwanz. Weitere Varianten sind Pin-Tails (nur in eine Spitze laufend), Köder mit Fransenschwanz oder Creatures (z.B. Krebse). Selbstverständlich kann auch mal ein Action-Köder angeboten werden. Auch hier gilt es: verschiedene Köder mit dabei haben und ausprobieren auf was die Fische gerade ansprechen. Dasselbe gilt auch für die Wahl der Farbe! Auch die Gummimischung hat einen Einfluss auf Erfolg oder Misserfolg. Gerade weichere Köder machen viel schönere Mikrobewegungen. Und wenn die Köder weich sind, lassen sie sich von Zander und Egli besonders einfach einsaugen. So finden auch grössere Köder ohne grosse Probleme den Weg ins Maul eines kleineren Raubfisches. Scheut Euch nicht auf grössere Köder zu setzen. Manchmal ist es echt erstaunlich, wie grosse Köder ohne weiteres eingesaugt werden!

Haken: Wie auch sonst beim Fischen mit Gummiködern kommen hier ganz normale Jigköpfe zum Einsatz. Damit der Köder auch schön senkrecht unter dem Boot bleibt, sind je nach Ködergrösse, Gewichte von 25 bis 30 Gramm oft die richtige Wahl. Um Fehlbissen entgegenzuwirken, kann man bei extragrossen Ködern zusätzlich noch einen Angsthaken am Gummifisch montieren.

Saison

Die Vertikalsaison beginnt für mich im Frühherbst und zieht sich bis weit in den Winter hinein. So können auch im Oktober und November noch wahre Sternstunden auf dem Wasser erlebt werden. Je kälter es wird, desto weniger lange aktiv sind die Raubfische. Damit man dann die Beisszeiten noch trifft, ist viel Ausdauer gefragt, denn diese werden zunehmend kürzer. Mit guter Bekleidung und mit warmem Schuhwerk steht auch einem Vertikalausflug im Dezember nichts im Wege! Ich wünsche viel Spass beim Ausprobieren, viel Ausdauer und ein dickes Petri. Nach dem ersten Hammerbiss wird Dich diese Fischerei nicht so schnell wieder loslassen. Vertikalen macht süchtig!

Tight Lines
⁠André